Corona und die Kirche – Ein Kommentar zum Umgang der Kirche mit der Corona-Krise.
In einer Zeit in der sich fast jeder in unserem Land gegen das Corona-Virus impfen lassen kann, nimmt auch der Druck seitens des Staates zu, dies zu tun. Zunehmende Beschränkungen für den Zugang zu Restaurants, Veranstaltungen, Krankenhäusern und Heimen durch Anwendung von 3G (nur für geimpfte, genesene oder getestete) bzw. 2G (nur geimpfte und genesene) sowie die Einstellung der Kostenübernahme für Corona-Tests sind das Zeichen: Ja, impfen ist freiwillig aber Du wirst zunehmend ein Problem haben, wenn Du es nicht tust. Daraus entwickelt sich auch ein zunehmender gesellschaftlicher Druck, der zum großen Teil von der Politik über die Medien zu den Leuten transportiert wird: Sich nicht impfen zu lassen, ist unsolidarisch, es gefährdet das Gemeinwohl und eine Verweigerung der Impfung ist auch gar nicht nachvollziehbar.
Von dieser Debatte bleibt auch die katholische Kirche nicht unberührt. wäre es daher nicht klug, sich diesen momentanen Kurs anzuschließen? Würde man die 3G (oder evtl. später die 2G) auf den Gottesdienst anwenden, dann wären die Abstandsregeln nicht mehr nötig, Masken brauchen nicht mehr benutzt zu werden – quasi alles so schön, wie es einmal war. Kurz ist auch der Vatikan in den Schlagzeilen geraten: Aufgrund der Anwendung der 2G auf die Schweizer Garde wurden drei Gardisten vom Dienst suspendiert, weil diese sich nicht impfen lassen wollten – drei weitere haben zuvor schon freiwillig ihren Dienst quittiert. Kann man sich da nicht sogar den Segen des Papstes sicher sein, wenn man konsequent 3G oder 2G auf die Gottesdienste anwendet?
Und doch könnte dies einen pfaden Beigeschmack bekommen, denn es wird immer welche geben, die sich nicht impfen lassen wollen. Selbst schuld könnte man sagen – und es ist sicherlich auch schon für nicht wenige Menschen in diesem Lande ok, wenn man Ungeimpfte bestimmte Solidarleistungen einer Gesellschaft verweigern würde: Ob der Zugang zur Behandlung im Krankenhaus oder eben auch der Zugang zum Gottesdienst und den damit verbundenen Sakramenten. Selber schuld, denn man kann sich ja impfen lassen.
Folgendes ist dabei zu bedenken: Solange es keine Impfflicht gibt, liegt es auch in der Freiheit des Menschen, die Impfung zu verweigern. Auch das ist ein Teil der Freiheit, die zu unserem demokratischen Grundverständnis gehört, selbst wenn man es als töricht empfindet, sich nicht impfen zu lassen. Und die Kirche muss immer auch die himmlische Perspektive im Blick behalten, denn es ist ihre primäre Aufgabe, den Menschen zu helfen, das ewige Heil zu erlangen. Da es nicht töricht ist, davon auszugehen, dass es für den Zugang zum Himmel keine Impfflicht geben wird, kann die Kirche für das Heil des Menschen die Teilnahme am Gottesdienst und den Empfang der Sakramente aufgrund fehlender Impfung nicht verweigern. Es ist ja auch kein Zustand schwerer Sünde, wenn man nicht geimpft ist, so dass die Impfung erste Pflicht wäre, um das ewige Heil zu erlangen. Das mag sich jetzt banal oder gar lächerlich anhören, aber als Christen sollten wir wissen, dass der Gottesdienst nicht ein „Event“ ist, sondern ein ganz wichtiges Element unserer Verbindung zu Jesus Christus. Und dies sollten wir uns verinnerlichen, bevor wir vorschnell bestimmte Menschen vom Gottesdienst ausschließen.
Doch was sagt die Heilige Schrift dazu, zumal es ja früher noch keine Corona-Krise gab? Aber es gab vergleichbare Situationen. Hier empfiehlt sich, den Römerbrief des Heiligen Paulus, Kapitel 14, Vers 1-23 zu lesen. Übertragen auf der heutigen Zeit: Während der eine glaubt, dass es in Gottes Sinne ist, sich impfen zu lassen, verzichtet der andere darauf, weil es ihm sein Gewissen verbietet. „[…] deshalb überlasst es Gott, sein Verhalten zu beurteilen.“ (14,4) und „[…] Entscheidend ist aber, dass jeder von dem überzeugt ist, was er denkt!“ (14,5). Paulus geht es darum, die Gewissensfreiheit der Christen untereinander zu betonen und gleichzeitig dazu aufzufordern, nicht den anderen aufgrund abweichender Meinung zu verurteilen, was schnell zur Spaltung innerhalb der Gemeinde führt. Bezüglich Spaltung ist auch noch der 1. Korintherbrief, Kapitel 12, Vers 12 bis 31 lehrreich für uns: „Einige von uns sind Juden, andere Nichtjuden; einige sind Sklaven, andere frei. Aber wir haben alle denselben Geist empfangen und gehören durch die Taufe zu einem einzigen Leib“ (12,13). Viele von uns sind geimpft, andere wiederum nicht, könnte man heute hinzufügen. „So bildet ihr gemeinsam den Leib von Christus, und jeder Einzelne gehört als ein Teil dazu“ (12,27).
Nun ist sicherlich aber auch noch ein wichtiger Punkt zu bedenken: Die Freiheit entbindet ja den Christen nicht von der Vernunft. Nicht wenige halten es ja für absolut unverantwortlich, sich nicht impfen zu lassen. Doch bevor man sich diesen Vorwurf zu eigen macht, sollte man sich damit auseinandersetzen, ob es nicht auch Gründe gibt, sich nicht impfen zu lassen?
In erster Linie schütze ich mich mit einer Impfung selbst vor dem Corona-Virus. Tue ich es nicht, könnte ich ja zu einer Belastung für unser Gesundheitssystem werden. Nun wissen wir, dass das Corona-Virus nicht alle Menschen gleich stark belastet. Risikogruppen sind Menschen, dessen Immunsystem geschwächt ist, z. B. durch Alter oder bestimmte Vorerkrankungen. Da dürfte die Risiko/Nutzen-Abwägung einer Impfung im Falle einer Corona-Erkrankung und den damit verbundenen Folgen schon im eigenen Interesse schnell für eine Impfung sprechen. Und die Impfquote in unserem Lande scheint ja auch zu bestätigen, dass die Menschen das Virus diesbezüglich ernst nehmen. Nun kann man natürlich argumentieren, dass in einigen Fällen nicht nur alte Menschen oder Menschen ohne bestimmte Vorerkrankungen schwer an Corona erkranken. Stimmt, aber wäre es deshalb schon verhältnismäßig, die Impfung zu fordern? Müsste man dann nicht schon eher Menschen, die rauchen oder sich ungesund ernähren und dadurch fettleibig sind, auffordern, damit aufzuhören, da diese sonst unser Gesundheitssystem zu stark belasten?
Nun geht es natürlich auch darum, den anderen vor das Corona-Virus zu schützen. Mittlerweile wissen wir ja, dass man auch mit Impfung das Corona-Virus bekommen und es auch weitergeben kann. Das Argument ist, dass – neben dem Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf – durch die Impfung man das Corona-Virus nicht so leicht bekommt und auch nicht so leicht übertragen kann. Wie gut die Impfung aber wirklich vor Ansteckung und Weitergabe schützt, kann noch nicht genau gesagt werden. Dazu fehlen einfach die Langzeiterfahrungen und die damit verbundenen statistischen Erhebungen. Der kommende Herbst/Winter und die damit verbundenen Infektionswellen werden uns neue Erkenntnisse diesbezüglich bringen. Warum sollte bis dahin nicht gelten: Wer sich impft, hat den besseren Schutz vor dem Corona-Virus und trägt somit nicht das höhere Risiko, schwer an Corona zu erkranken. Sollte dies nicht gelten, ist dann nicht eher der Impfstoff das Problem statt der Ungeimpfte, der mir begegnen könnte?
Gerade der beschränkte Wissensstand, auch was die Wirkungseffektivität und -dauer der Impfung angeht, ist keine solide Basis, Menschen, die sich nicht gegen das Corona-Virus impfen lassen, als unverantwortlich bzw. unvernünftig zu bezeichnen. Denn einen beschränkten Wissensstand gibt es auch bezüglich der (Langzeit-)folgen einer Impfung. Was macht die Impfung auf Dauer mit meinem Körper und meinem Immunsystem – vor allem wenn wiederholende Impfungen notwendig werden? Wir wissen, dass die Vektor- und mRNA-Impfstoffe noch relativ neu sind und nie in einem solch großen Umfang verimpft wurden. Weiterhin wissen wir, dass die Impfstoffe in Rekordzeit entwickelt wurden – so schnell wie nie zuvor. Somit ist es gar nicht möglich, dass dazu detaillierte Langzeiterfahrungen vorliegen. Es wird Jahre brauchen, bis wir hierzu verlässliche und belastbare Informationen haben.
Kann es somit nicht auch ein vernünftiges Argument sein, dass man statt der Impfung sein Immunsystem z. B. durch gesunde Ernährung, Sport, Wechselbäder und eine ausgeglichene Lebensweise stärkt, zumal es ja auch noch andere Krankheiten als das Corona-Virus gibt? Eine vernünftige Diskussionskultur anstatt pauschaler Ausgrenzung wäre hier das Gebot der Stunde. Hier sollten wir als Christen mit gutem Beispiel vorangehen – und die Ausgrenzung durch 3G oder 2G an der Gottesdienstteilnahme wäre definitiv das falsche Zeichen! Gerne beteiligen Sie sich an dieser Diskussion mit Hilfe der Kommentarfunktion zu diesem Artikel!